Die Sizilianische Reise, I

Die Sizilianische Reise, I

Friday, June 20, 2025 Sizilien Trinacria Triskele

Homers Trinacria

Die Trinacria, das uralte Sonnenrad mit dem Gesicht der einstmals furchterregenden, später von den Römern mit sanften Zügen versehenen Medusa (eine der drei Gorgonen) ist das Symbol und antiker Name dieser größten und vielleicht auch schönsten, sicher aber vielfältigsten Insel im Mittelmeer und begegnet dem Reisenden quasi auf Schritt und Tritt. Meist sieht man das schlangenumwundene Frauengesicht, dem drei angewinkelte Beine und zwei kleine Flügel entwachsen, als farbenprächtige Keramikfigur an Häuserecken und -giebeln, über Türrahmen, an Fenstern, Zäunen und natürlich als allgegenwärtige Nippes-Figur in den unzähligen auf Touristen ausgerichteten Verkaufsständen und Lädchen.

Die Römer, eher prosaisch und praktisch als dramatisch und hintergründig wie die Griechen in ihrer Mythologie und Lebensweise, übernahmen aus der Odyssee Homers Namen für die Insel, auf die sie ob ihrer strategisch günstigen Lage und ihrer hochstehenden Kultur ein scharfes Auge geworfen hatten. Die Römer übernahmen auch gleich das Symbol, nachdem sie im zweiten der Punischen Kriege ganz Sizilien den Händen der ebenalls darauf erpichten Karthager entrissen, die ihrerseits in langen Kriegen die dort siedelnden Griechen unterworfen hatten. Damals war Sizilien sogar bekannt als "Großraum Griechenland", und die erobernden Römer trafen dort und nicht etwa in Griechenland selbst erstmals auf diese hochentwickelte Kultur, jedoch ohne sie fortführen zu wollen.

Die Trinacria, eigentlich das griechische Triskelion, stellt die drei vordringenden Landzungen Siziliens dar und bezieht sich auf die fast gleichseitig  dreieckige Form der Insel.  Als Emblem hatte sie ursprünglich in ihrer Mitte  den Kopf der griechischen Medusa, die einzige sterbliche der Gorgonen. Furchterregend hässlich sah sie aus mit ihren Schlangenhaaren, großen Hauzähnen und ehernen Händen, und jeden, der sie ansah, verwandelte sie in Stein. Folglich eignete sich die Abbildung des Medusenhauptes ganz vorzüglich zur Abwehr von Übel, und so fanden sich solche Abbildungen speziell im alten Griechenland überall da, wo man meinte sich schützen zu müssen, im privaten Leben wie in kriegerischen Auseinandersetzungen.

Die drei konzentrisch angeordneten Beine werden gelegentlich auch mit den drei Erscheinungsformen des phönizischen Gottes Baal in Verbindung gebracht, denn auch die Phönizier als jahrhundertelange Beherrscher des Mittelmeerraumes haben in Sizilien gesiedelt. Gleichzeitig symbolisieren sie die Sonne und den endlosen Zyklus des Lebens, denn die Trinacria kann gedreht werden wie ein Rad, ohne dass sich der Winkel der Beine ändert. Die Sizilianer sind sehr stolz auf ihre Trinacria und sehen sie als Symbol ihrer stolzen Unabhängigkeit, weil sie niemals kniet.

Erstmals taucht die Trinacria in Sizilien bereits um 382 v. Ch. auf Silbermünzen auf, die Dionysios I. von Syracusa, ein griechischer Herrscher, prägen ließ. Einigen Forschern zufolge basiert diese Darstellung auf der minoischen Kultur und lässt sich bis auf das 7. Jahrhundert v.Ch. zurückverfolgen.

Interessant in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist, dass die der Trinacria zugrundeliegende Triskele, griechisch Triskelion, nämlich drei ineinandergreifende Spiralen, auch ein uraltes keltisches Symbol ist, nachweisbar seit 5000 Jahren und auch heute noch vor allem in Irland in Gebrauch, aber mit der Sizilianischen Trinakria in keinem direkten Zusammenhang steht.

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Die Trinacria findet sich seit 1282, seit dem Aufstand gegen die normannische Herrschaft, auch auf der  gelb-rotenFlagge Siziliens, wobei das Gelb für die Hauptstadt Palermo steht und das Rot für die Stadt Corleone, die sich dem Aufstand als erste nach Palermo anschloss. Seit 2009 ist sie ganz offiziell die Flagge der autonomen, also weitgehend von Italien unabhängigen Region Sizilien.

Die Römer haben, wie eingangs erwähnt, die furchterregend hässliche Medusa umgewandelt in das Abbild ihrer freundlichen Fruchtbarkeitsgöttin Ceres, also die Demeter der griechischen Mythologie, deren Tochter Persephone genau in Sizilien von Hades entführt worden war. (siehe meinen Text hier)

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