Castelbuono
Wie der Name schon erahnen läßt, ist dieses Städtchen um ein Castello, also eine Burg herum entstanden, wie so viele im mittelalterlichen Europa. Diese spezielle Burg wurde von der Familie Ventimiglia zu Anfang des 14. Jahrhunderts errichtet.
Heute leben dort weniger als 10 000 Einheimische, die sich irgendwie mit den zahllosen Touristen arrangieren müssen, die tagtäglich ihre romantische, kleine, wunderhübsche Stadt durchströmen. Castelbuono im warmen Frühsommersonnenschein präsentiert sich als Inbegriff sizilianischer Romantik, wo es sich auf der Piazza gutgehen lässt. Das Städtchen ist eines von vielen, die mir als architektonische und atmosphärische Juwelen während dieser Reise präsentiert werden.

In Castelbuono kann man nicht nur die Atmosphäre, sondern das berühmte Manna genießen! Wissen Sie, was das ist? Und nein, es kommt nicht vom Himmel heruntergeregnet wie in biblischen Geschichten, sondern quillt aus den Mannabäumen, die seit vielen hundert Jahren dort in der Nähe wachsen und heute kultiviert werden. Wie bei uns in Quebec der Ahornsirup quillt dort der leicht süßliche Mannasaft aus allen Ritzen der Eschen (fraxinus angustifolia), eine weißliche Substanz, die, so hörte ich, besonders im Juli und August wirklich überall von den Bäumen tropft und in Stalaktiten koaguliert. Jetzt, Ende Mai, sieht man es noch nicht, aber man kann die daraus geschöpften Produkte genießen. In der reinsten Form sind es einfach aus der Masse gebrochene Stöckchen, die man lutscht wie bei uns den im Schnee gedrehten Ahornsirup. Also, wenn Sie mich fragen, ist das Mannalutschen im mittelalterlichen Castelbuono unter sizilianischer Sonne dem eher zweifelhaften Ritual des "sugaring off" unbedingt vorzuziehen, schon deshalb, weil man dabei ganz sicher nicht Gefahr läuft, sich Hände und Mund zu erfrieren.
Dennoch gehen auch in Castelbuono Manna und Kälte gern zusammen, nämlich in Form des himmlischen gelato, dem absolut und immer unübertroffenen sizilianischen Speiseeis. Nebenbei bemerkt habe ich während der ganzen Reise oft tagsüber nur von gelato und espresso gelebt.

Wie der kanadische Ahornsirup taucht auch das Manna in unvermuteten kulinarische Zusammenhängen auf: als Kruste über dem Schweinebraten oder im Risotto mit Spargel und Manna. Die natürlich häufigste Art dem Manna zu frönen ist in Form von Creme als Hauptzutat von Plätzchen, Canneloni und anderen süßen Leckereien und vor allem über pannetone. Man sagt dem sizilianischen Manna auch eine Vielzahl von heilenden Eigenschaften nach - ein immer willkommenes Argument für Genießer :-)).
Auf der Fahrt von Taormina (Bericht folgt) nach Castelbuono und schließlich Cefalu führte die Straße durch wunderschöne Landschaft, immer wieder durch endlose, sehr gut in Schuß gehaltene Tunnel, über atemberaubend hohe Viadukte über tiefen Tälern und schließlich über sehr enge, sehr steile Serpentinenstraßen hoch ins Städtchen. Solcherart Straßenführung folgt man übrigens pausenlos auf dieser Insel.
Wir kamen auch an einem typisch sizilianischen Friedhof vorbei, von dem man während der Fahrt erfuhr, dass die kleineren oder größeren Pavillons darin von den Familien gekauft werden, um die verstorbenen Angehörigen in Särgen dort in alle Ewigkeit zu behalten. Der Sizilianer an sich lässt sich also weder begraben noch und schon gar nicht zu Asche reduzieren. Wobei Letzteres ja durchaus gelegentlich vom Ätna übernommen wird...... Jedenfalls kosten diese Pavillons so viel wie eine Wohnung in Palermo.
In Castelbuono war man bei meinem Besuch gerade dabei, das Blumenfestival vorzubereiten, bei dem ganze Straßen vollkommen mit Blumen bedeckt werden. Leider knapp verpasst, aber das folgende Foto zeigt, wie sich die Hauptstraße 2024 während der Infiorata di Castelbuono präsentierte.
